Wer ist derzeit prominent? Leute, die Rosen in Kuppelshows vergeben oder bekommen, Leute, die andere Prominente geheiratet haben, Darsteller in Reality Soaps, die wahlweise kochen, backen, (mehr oder weniger) gut singen, Kinderspielzeug testen oder wissen, wie man 10 Meter einen Laufsteg langläuft. Immer mehr Menschen, die Fotos von sich mit Produkten machen und in die sozialen Netzwerke stellen. Sänger, Schauspieler, Moderatoren und Nachrichtensprecher sind da schon richtig High Class.
Insofern ist jemand wie Sandra Steffl echte Prominenz, denn sie ist das alles in einer Person, sie singt, sie schauspielert, moderiert und ist mit ihrer Bourlesquetruppe auch eine erfolgreiche Unternehmerin. Insofern ist es ein echter Witz, dass ausgerechnet sie als Unbekannte ins Dschungelcamp 2017 ging – und bald auch wieder raus, ohne größere Blessuren und mit großer Würde. Das schafft nicht jede. Und Deutschland hat die Chance verpasst, eine unglaublich lustige, warmherzige und witzige Person kennenzulernen, jemanden, die es wirklich verdient hätte, ganz oben zu sein auf dem Startreppchen.
Für mich ist Sandra sowieso ein Star, wir kennen und mögen uns seit fast 30 Jahren, ich habe sie immer bewundert darum, dass sie ihre unfassbar fotogenen Rundungen so stolz vor sich hertrug – das hätte ich auch gern bei mir so gesehen…Dass das nicht immer so war, schildert Sandra in ihrem Buch „Kurvenstar“– einer Art Mix aus Biographie und Ratgeber für alle Frauen, die etwas curvy durchs Leben sausen. Sie erzählt von ihrer Jugend in München, als sie bereits für ihre Oma und alten Tanten eine Show aufführte, über ihre wilden Zeiten im Münchner Nachtleben (da haben wir uns kennengelernt) und über ihre Auftritte bei TV Shows, in Vorabendserien, als singendes Telegramm oder im Kultfilm Rossini – dass Helmut Dietl sie toll fand, ist recht leicht nachvollziehbar, waren doch Barbara Valentin oder Veronika Ferres sein Beuteschema…
Aber was mich an diesem Buch so berührt hat, war, dass auch die scheinbar so toughe und tolle Sandra ebenso wie wir Normalos von Selbstzweifeln geplagt war, die sie sehr offen beschreibt. „Klar, welche Frau hat die nicht? Uns wird immer gezeigt, nur wenn du dünn bist, bist du schön. Und ich war nie dünn. Als Kind nannte man mich ‚Pummelchen‘ – wenn man nett zu mir war. Bei der Schulaufführung sollte ich etwa das Hinterteil eines Elefanten spielen. Nicht eben förderlich, wenn man gerade dabei ist, so etwas wie Selbstwertgefühl zu entwickeln“, erklärt sie.
Es ist wirklich seltsam, dass wir damals nie darüber geredet haben. Wir haben in den 90ern wohl viel Theater gespielt, wir alle. Ich gefangen in der Welt zwischen Fashionmagazinen und Popstars, die alle – in meinen Augen – viel geiler (weil dünner) waren als ich. Schon schräg. Sandra hat jedoch aus dem Minus ein Plus gemacht. Sie beschreibt, was man tun kann, um diese Selbstzweifel zu besiegen. Denn das hat sie. Sie steht auf der Bühne, in engen Korsetts, Strapsen und weniger und haut mit ihrer Präsenz alle vom Hocker. Da ist sie eine geballte Erotikgranante. „Warum ich ausgerechnet Burlesque-Tänzerin geworden bin? Das frage ich mich auch manchmal. Es hat lange gedauert, bis ich begriff, dass Sinnlichkeit nichts mit Idealmaßen zu tun hat. Beim Burlesque ist Sinnlichkeit alles. Und sinnlich ist nur, wer es schafft, sich selbst zu akzeptieren. Dem Burlesque sind Pölsterchen und Dehnungsstreifen egal. Mich hat er Frieden schließen lassen mit meinem Gewicht. Und deshalb möchte ich all den Frauen, die gerade die nächste Diät beginnen, sagen: Seid freundlich zu euch! Ihr seid perfekt so, wie ihr seid.“ (das zu glauben schaffe ich nicht immer)
Neben den Tipps zur Selbstliebe gibt die gelernte Ernährungsberaterin Tipps für alle, die trotzdem ein oder zwei Kilo verlieren wollen. Sie ist da recht konservativ, schwört auf langsames Abnehmen und auf viel Sport. Das alles aber unglaublich unterhaltsam verpackt, das Buch lohnt sich also in mehr als einer Hinsicht. Und nach der Lektüre sollte allen klar sein, dass sie wirklich der echteste Star unter den Dschungelcampern gewesen ist…